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Fach-Info

Es gibt nur Verlierer

Bild: VSSM 

Ab dem 1. Januar 2021 wird es im Schreinergewerbe keinen gültigen Gesamtarbeitsvertrag mehr geben. Die Gewerkschaften Unia und Syna als Vertreter der Arbeitnehmer konnten sich mit dem Schreinermeisterverband VSSM nicht einigen. Knackpunkt ist das Vorruhestandsmodell VRM. Es sah vor, dass ältere Arbeitnehmer ihr Pensum reduzieren oder früher in Rente gehen können.

 

Die Delegierten des VSSM stimmten zwar dem ausgehandelten GAV zu, lehnten aber das VRM deutlich ab. Daraufhin beharrten die Gewerkschaften auf ihrer Haltung, dass es ohne Vorruhestandsmodell auch keinen neuen GAV gebe. Das ist seit dem 14. Dezember definitiv. Einig sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur darüber, dass der vertragslose Zustand ganz schlecht ist für die Branche. Bewegen will sich aber keiner.

Gewerkschaften missachten Interessen der Schreiner

Die Gewerkschaften opfern den GAV des Schreinergewerbes aufgrund von anderen Interessen: Sie streben seit Jahren für das ganze Ausbaugewerbe eine Möglichkeit der Frühpensionierung an. In der Westschweiz haben sie das schon erreicht, ebenso bei den Malern und Gipsern. Viele Schreiner verstehen aber nicht, dass sie ein Vorruhestandsmodell brauchen, die körperlich stärker belasteten Holzbauer aber keines haben.

 

Wer sich bei Arbeitnehmern umhört, stellt fest, dass das ausgehandelte Modell auch bei ihnen heftig umstritten war. Vor allem bei den jüngeren. Sie hätten wegen der für die Finanzierung nötigen Lohnprozente während Jahrzehnten ihres Berufslebens Ende Monat weniger Geld zur Verfügung. Und wegen der fehlenden Freizügigkeit hätten sie bei einem – vielleicht sogar unfreiwilligen – Branchenwechsel das ganze Geld verloren. Die Vermutung liegt nahe: Eine Mehrheit der Schreiner-Arbeitnehmer wäre bereit, zugunsten des GAV auf das VRM zu verzichten.

Verhandlungsergebnis nicht mehrheitsfähig

Die Verhandlungsdelegation des VSSM muss sich vorwerfen lassen, den Mitgliedern ein Ergebnis vorgelegt zu haben, dem sie so nicht zustimmen konnten. Der von den Gewerkschaften über Jahre aufgebaute Druck auf die Arbeitgeber war sehr hoch. So hoch, dass eine ganz schräge Situation entstand: Der VSSM versuchte mit allen Mitteln, seinen Mitgliedern dieses Grundanliegen der Gewerkschaften schmackhaft zu machen. Wie das Abstimmungsresultat zeigt, misslang dieses Vorhaben gründlich. 

Die Auswirkungen

Durch den vertragslosen Zustand steigt der bereits hohe Druck aus dem grenznahen Ausland auf die Löhne massiv. Dies widerspricht fundamental den gewerkschaftlichen Interessen. Für die ganze Branche ist es ganz schlecht, dass die paritätisch funktionierende Weiterbildungsfinanzierung verloren geht. 

Positive Auswirkung der Situation sucht man leider vergeblich. (hw)